Innovation: Die Wille-Kapsel – Langzeitmessung des Blasendrucks ohne Katheter
Mehr als 70 Millionen Betroffene, schätzt Prof. Dr. med. Sebastian Wille, Urologe an der Beta Klinik in Bonn, leiden in Europa unter einer überaktiven Harnblase, „und es sind hauptsächlich Frauen.“ Die Folgen sind unangenehm: Heftiger Harndrang, häufiges Wasserlassen bis hin zur Inkontinenz. „Wir können diese Symptome behandeln, brauchen aber eine genaue Diagnose, ob es sich um eine überaktive Blase oder zum Beispiel um unwillkürliche Kontraktionen des Blasenmuskels handelt“, erklärt Wille.
Aufschluss kann die Messung des Drucks in der Harnblase geben. Bisher waren die Ergebnisse nicht immer eindeutig. Meist wurde über einen kurzen Zeitraum von etwa 30 Minuten gemessen. Häufig war dabei kein pathologischer Befund zu erkennen, obwohl eindeutige Symptome vorlagen. Abhilfe brachte erst der Einsatz eines Messkatheters über einen längeren Zeitraum, was für die Patienten aber sehr unangenehm war.
Für die Patienten gibt es künftig ein besseres Verfahren: Zusammen mit Dr. Tenholte der Technischen Universität Chemnitz hat Prof. Wille im Rahmen eines Forschungsprojektes ein Mess-System entwickelt, die sogenannte „Wille-Kapsel“, die eine Langzeitmessung ohne Katheter ermöglicht. Kern des Systems ist die Mess-Kapsel, die dank winziger Abmessungen endoskopisch in die Harnblase appliziert werden kann und den Blasendruck drei Tage lang aufzeichnet. Danach wird die Mess-Kapsel problemlos wieder entfernt und die Daten werden ausgelesen.
Prof. Wille: „Das System ist nicht nur elegant und für die Patienten sehr viel angenehmer, es erlaubt auch präzise Diagnosen und eine optimale Therapie.“
Entsprechend positiv waren unter anderem die Reaktionen der Deutschen Gesellschaft für Urologie und ebenso beim internationalen „Neuro-Urology Meeting“ in Zürich. Dort hat der Mediziner der Beta Klinik die Innovation vorgestellt, die auch ein hervorragendes Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation des neu geschaffenen Studiengangs Biomedizinische Technik an der TU Chemnitz und der medizinisch-wissenschaftlichen Praxis ist.
Derzeit wird ein industrieller Kooperationspartner gesucht, damit die Wille-Kapsel seriell gefertigt werden kann.