Sinusvenenthrombose AstraZeneca induziert?
Die Sinusvenenthrombose hat sich als eine der sehr seltenen AstraZeneca Nebenwirkungen nach einer Impfung gezeigt, aber auch nach dem Impfstoff von Johnson&Johnson gab es Fälle von Sinusvenenthrombose. Was haben die beiden Impfstoffe gemeinsam? Um was handelt es sich bei der Sinusvenenthrombose genau? Und ist die Sinusvenenthrombose AstraZeneca induziert oder gibt es andere wichtige Faktoren?
Vektorimpfstoff verstehen
AstraZeneca und Johnson&Johnson sind beides so genannte Vektorimpfstoffe. Das bedeutet, dass diese Impfstoffe ein Trägervirus benutzen, welches das genetische Material zur Herstellung eines Antigens in der Körperzelle des Menschen trägt. Dabei wird das mit der Information tragende Virus (Vektor) als Impfstoff in die Körperzelle des Menschen eingeschleust. Dort wird das genetische Material als Information umgesetzt. Das Trägervirus gibt somit nur die Information als eine Art „Bauanleitungen“ weiter. Die Körperzelle bildet nun die Gegenstoffe (Antigene) zur Bekämpfung des eigentlichen Corona-Virus (Immunantwort). Im Falle des Impfstoffes von AstraZeneca und Johnson&Johnson sind die Trägerviren sogenannte Adenoviren. Diese Viren besitzen ebenfalls eine DNA (Desoxyribonukleinsäre = gesamtes Ergbut eines Organismus). Da nun solche DNA-Viren als Träger fungieren, könnten nun auch genetische Informationen (DNA) des Virus selbst über spezielle Mechanismen in den Zellkern der menschlichen Zelle gelangen.
Aufgrund dieser Gemeinsamkeit wird nun vermutet, dass das eigentliche Trägervirus nun selbst verantwortlich ist für die Auslösung dieser schweren Nebenwirkung nach Impfung mit AstraZeneca und Johnson&Johnson. Hinreichende Beweise allerdings fehlen zum aktuellen Zeitpunkt.
Warum sind nun seltene Fälle von Sinusvenenthrombosen aufgetreten?
Diese spezielle Form der Thrombose ist Ausdruck einer so genannten „VITT“, der Vektorimpfstoff induzierten immunen thrombotischen Thrombozytopenie.
Der Pathomechanismus, die Kausalkette von Körpervorgängen, die in ihrer Gesamtheit zu einer Krankheit führen, ähnelt dem der so genannten „Heparin-induzierten Thrombozytopenie“ (HIT). Dabei kommt es zu einer verstärkten Aktivierung der Blutplättchen (Thrombozyten). In der Folge häufen sich diese zu kleinen Klumpen zusammen (Aggregation). Hierdurch nimmt die Zahl der Thrombozyten signifikant ab (Thrombozytopenie). Neben der erhöhten Blutungsneigung besteht nun ein deutlich erhöhtes Risiko für Thrombosen.
Ursächlich für die Auslösung dieses immun-getriggerten Mechanismus vermutet man die Bildung von Autoantikörper, also Antikörper gegen körpereigenes, gesundes Gewebe, gegen den so genannten Plättchenfaktor 4 (PF4). Bei dem Plättchenfaktor handelt es sich um ein Eiweiß, welches bei der Aggregation von Blutplättchen freigesetzt wird. Dieser spielt bei der oben bereits genannten HIT eine Rolle, da PF4 eine hohe Neigung zur Bindung zu Heparin aufweist. Diese „PF4/Heparin-Komplexe“ sind nun für Autoantikörper sichtbar und führen zur Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT): eine Autoimmunreaktion. Bei beiden Mechanismen spielen diese ähnlichen Pathomechanismen eine Rolle.
Warum nun genau nach Gabe des Vektorimpfstoffes eine solche Reaktion ausgelöst wird ist weiterhin unklar. Dabei könnte die DNA des Vektorimpfstoffes ein Auslöser sein.
Symptome Sinusvenenthrombose
Welche Symptome treten bei einer Sinusvenenthrombose auf und wieso genau? Über den autoimmun vermittelten Mechanismus entsteht über die vermehrte Aggregation der Thrombozyten eine Thromboseneigung. Gleichzeitig kommt es zu einer Blutungsneigung, da mehr Thrombozyten verfallen sind und auf diese Weise nicht mehr zur Verfügung stehen.
4-14 Tage nach der Impfung treten typischerweise diese Störungen auf. Blutergüsse und kleine Hauteinblutungen (Petechien) können Ausdruck der verstärkten Blutungsneigung sein. Im Blutbild zeigt sich eine signifikant reduzierte Anzahl der Blutplättchen (Thrombopenie). Der Nachweis von Heparin/PF4-Antikörper bestätigt die Autoimmunreaktion.
Diese genannten Symptome können Ausdruck der veränderten Gerinnbarkeit des Blutes sein. Die Symptome einer Sinusvenenthrombose sind zusätzlich meist starke, anhaltende Kopfschmerzen ggf. in Verbindung mit weiteren neurologischen Defiziten.
Sinusvenenthrombose: Biontech Impfstoff auch ein Risiko?
Es ist keine überzufälligen Häufungen von Sinusvenenthrombosen im Rahmen der Impfung mit Vektorimpfstoffen, aber auch nicht bei mRNA-Impfstoff wie von Biontech/Pfizer im Vergleich zum Vorkommen in der Normalbevölkerung erkennbar. Zudem sind die beschriebenen Autoimmunreaktionen im Körper im Falle einer VITT nicht zu vergleichen mit den Mechanismen in der Entstehung einer Thrombose von schwer erkrankten COVID-19 Patienten. Die genauen Gründe, warum solche immun-reaktiven Vorgänge nun bei welchen Menschen entstehen, sind weiterhin unklar. Allerdings gibt es Dank der intensiven Arbeit von Wissenschaftlern einen entsprechenden Diagnostik- und Therapiealgorithmus für den Verdachts- bzw. bestätigten Fall.
Thrombose ist gleich Thrombose?
Den Unterschied zwischen der Sinusvenenthrombose nach Covid-19 Impfung und der “klassischen” Thrombose können Sie in diesem Blogartikel nachlesen: Ist Thrombose gleich Thrombose? Was unterscheidet die Sinusvenenthrombose von der „klassischen“ Thrombose?
Autor:
Kardiologie, Interventionelle Kardiologie (DGK), Angiologie, Interventionelle Therapie der arteriellen Gefäßerkrankungen (DGK)
Mehr Informationen zum Fachbereich Angiologie hier.