Stottern und andere Redeflussstörungen

Stotternde Menschen wissen eigentlich, was sie sagen wollen. Es fällt ihnen aber schwer, flüssig zu reden. Unter Stottern versteht man daher eine Störung des Redeflusses aufgrund von Wiederholungen, Blockierungen und/oder Dehnungen von Lauten, Silben und/oder Wörtern. In Deutschland stottern rund 800.000 Menschen (also rund ein Prozent der Bevölkerung). Darunter sind mehr Jungen und Männer als Mädchen und Frauen betroffen. Stottern kann auch In Verbindung mit Sprachentwicklungsstörungen, Syndromen, neurologischen Hirnschädigungen oder als Begleiterscheinung psychischer Probleme auftreten. Des Weiteren zeigen sich häufig mehr oder weniger starke Begleitsymptome. Art und Ausmaß des Stotterns sind Situations-, sowie Personenabhängig und können unterschiedlich starken Ausmaßes sein. Die Unflüssigkeiten treten unbeabsichtigt und wiederholt auf. Betroffene schaffen es in der Regel nicht, das Stottern zu unterdrücken. Die Begleitsymptomatik resultiert häufig aus dem Versuch, die eigentlichen Stottersymptome zu überwinden.

 

Mögliche Symptome:

  • Wiederholungen von
    Lauten (z.B.K-K-K-Kino)
    Silben (z.B. Ki-Ki-Ki-Kino) oder
    Wörtern (z. B. Kino-Kino-Kino)
  • Dehnungen von Lauten (z. B. KKKKKKKKino)
  • Blockierungen von Wörtern {z. B. ———–Kino}
  • Mögliche Begleitsymptome
  • Erhöhung des Muskeltonus des gesamten Körpers
  • Mitbewegungen (z. B. Augenzwinkern, Aufstampfen)
  • Sprechangst
  • Vermeidungsverhalten (Auslassen oder Ersetzen stottergefährdeter Wörter)
  • Einschieben von Floskeln, Füllwörtern, oder Startern (bspw. hm, ja, also … )
  • fehlender Blickkontakt
  • pressendes Verharren in der Artikulationsstellung
  • emotionale Begleiterscheinungen wie Angst-, Wut-, und Schamreaktionen,
  • soziales Vermeidungsverhalten (z. B. Vermeiden von Sprachsituationen, Rückzug)

 

Auch bei Kindern gibt es eine Phase in denen sie unflüssig sprechen. Das Entwicklungsstottern bezeichnet das phasenweise Auftreten von altersgemäßen Sprechunflüssigkeiten während der Sprachentwicklung, welche meist im Alter zwischen 2 und 4 Jahren auftreten können. In der Sprachentwicklung treten bei annähernd allen Kindern Symptome auf, die dem „Stottern“ ähnlich sind. Entwicklungsstottern zeichnet sich zum Beispiel durch Wiederholungen von Wörtern, Silben und Satzteilen und Unterbrechungen des Redeflusses aus.

Eine weitere Form des Stotterns ist das Poltern. Unter Poltern versteht man eine Störung des Redeflusses, die sich durch eine zu schnelle, unrhythmische Sprechweise auszeichnet.

 

Mögliche Ursachen:

  • angeborene, genetische Ursachen (bspw. familiäre Sprachschwächen)
  • Störungen bei der Kontrolle von Sprechbewegungen
  • Ungleichgewicht zwischen der Geschwindigkeit des Denkens und der Fähigkeit die Gedanken in Sprechbewegungen umzusetzen
  • eingeschränkte Wahrnehmung bezüglich der eigenen Sprechweise
  • Polterer haben in der Regel meist nur ein geringes Störungsbewusstsein.

 

Mögliche Symptome:

  • schnelles, überstürztes Sprechen
  • Wiederholen von Silben, Wörtern oder Satzteilen
  • Auslassen oder Verschmelzen von Lauten, Silben, Wörtern z. B. hud statt Hund
  • unflüssiges, unregelmäßiges und unrhythmisches Sprechen
  • Auftreten grammatikalischer Fehler
  • Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme

 

Therapie

Ziel der Therapie ist es, durch einen systematischen Aufbau eines Stotterfreien Sprechens maximal flüssig zu sprechen. Des Weiteren wird in Form eines systemischen Coachings an dem Verhalten lösungsorientierende Schritte geübt sowie logopädisch am Aufbau eines neuen Sprechmusters gearbeitet.

Es gibt unterschiedliche Methoden wie man die Therapie durchführen kann. Zum einen gibt es den „Non Avoidance“ Ansatz. Hier wird der Abbau von Angst, Akzeptanz des Stotterns, Aufbau von Selbsthilfekompetenz, gelassener kognitiver und emotionale Umgang mit dem Stottern, Abbau von Begleitsymptomen und positive Selbstkompetenz geübt bzw. erlernt.

Weitere direkte und indirekte Ansätze währen noch die Psychotherapie sowie Apparative Sprechhilfen in Form eines Metronoms, künstliche Vertäubung durch Kopfhörer mit weißem Rauschen, verzögerter auditive Rückmeldung und Biofeedback.

Beim Biofeedback erhält der Patient über einen Bildschirm eine grafische Rückmeldung über sein Sprechmuster. Ein spezielles Programm dafür ist „TheraVox“, mit dem Stimm- und Sprecheigenschaften wie Stimmgebung/Stimmeinsatz, Lautstärke, Artikulation/Koartikulation und Prosodie in Echtzeit bildlich dargestellt werden. Ein Patient erhält damit ein visuelles Biofeedback über qualitative und quantitative Merkmale seiner Stimme/Sprache als entscheidenden Beitrag zur Selbstwahrnehmung und Motivationsförderung in einer Therapie.

 

Tipps für Angehörige

Viele fragen sich, wie man am besten auf jemanden reagiert der stottert. Hier sind einige Tipps:

  • Vermeiden Sie den Satz ihres Gegenübers zu Ende zu sprechen
  • Hören Sie geduldig zu / lassen Sie sich nicht vom Stottern ablenken
  • Geben Sie keine gutmeinten Ratschläge wie: „nur ruhig“, „hol tief Luft“, „du hast Druck, sag es nochmal ganz ruhig“
  • Niemals lachen oder dem Gegenüber mitleidig anschauen